Waltraud Caspari-Philips

Performance und Malerei

Mit meinen Arbeiten möchte ich:

alltägliches in den Fokus rücken,
es aus dem gewohnten Umfeld heraus lösen,
einen anderen Blickwinkel zeigen,
unter die Oberfläche sehen.

Meine Arbeit lebt aus der Spannung der Gegensatzpaare Individuum + Gruppe, Kommunikation/Beziehung + Isolation, Subjekt + Objekt. Immer geht es um den Menschen als Individuum und Teil einer Gemeinschaft, um die (Un)-Möglichkeit von Kommunikation.

Zentrales Thema ist die Isolation, die Einsamkeit des Menschen auch in der Gemeinschaft: Er bleibt gefangen in seiner eigenen Welt, aus der er nur einen Tunnelblick auf das Leben wirft. Denn seine Wahrnehmung folgt den sich immer wiederholenden Mustern meist frühkindlicher, individueller Erfahrungen. Ein Beispiel für die lebenslange Gefangenschaft im Ich-Gefängnis ist die mangelnde Fähigkeit, wirklich zuhören zu können: Jemand erzählt uns von sich, doch was wir hören, hören wir durch den Filter der eigenen Geschichte.

Diese Erkenntnis prägt auch mein Selbstverständnis als Künstlerin, denn: Ich kann nur das darstellen, was ich und wie ich es wahrnehme. Ich selbst bin das Fenster, durch das ich die Welt sehe. Daher stelle ich mich in vielen meiner Arbeiten selbst in den Vordergrund, beispielsweise bei meinen Performances: Hier konfrontiere ich die Zuschauer mit Alltagssituationen, die ich aus ihrem gewohnten Kontext löse und verfremde:

  • Ich kniee auf der Straße und schrubbe sie (Sisypha, 2001, FM)
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  • zeige während einer Ausstellung zum Thema "Akt" meinen nackten Körper (Exhibitionistin, 2000, Pentagramm)
  • ,
  • lege Brot auf die Schwelle der Galerie, so dass die Ausstellungsbesucher über das auf dem Boden liegende Brot steigen müssen um in die Ausstellungsräume zu gelangen (Brot-schwelle, 2000, Pentagramm),

  • biete mich als Dienerin an und schmiere Brote, bürste Haare, schneide Äpfel in Stücke und massiere müde Rücken (Wessinale, 1999)

  • die Wünsche der Menschen auf der Straße aufschreibe,

  • Reisende am Bonner Hauptbahnhof begrüße und verabschiede (Stadtkunst 02).

Meine bildnerische Arbeit folgt den gleichen Schwerpunkten. Ich zoome "nah ran" an die Menschen und die Orte an denen sie leben, oder nehme bewusst Abstand und betrachte sie aus der Ferne. Dadurch kann ich klar sehen. Diese Klarheit spiegelt sich in der Reduktion von Form und Material.
Die unterschiedlichen Darstellungsformen, die ich wähle, sei es die spontane schnelle Zeichnung, eine Performance oder ein "ausgemaltes" Acryl- oder Öllbild, haben für mich den gleichen Stellenwert:

"Fort möchte ich von der unterschiedlichen Bewertung von Werken: "nicht mehr: ölmalen als kunstherstellung. nicht mehr: die zeichnung (unwichtig, unscheinbar, nicht -öffentlich) als "skizze" zum fertigen "werk", zur wichtigen, öffentlichen malerei. sondern: zeichnen als bewegung: privates=öffentliches, das persönliche=das allgemeine, politische, alles=gleich wichtig, leicht, proviso-risch, fliessend, gross+klein, links+und rechts, oben, unten...." (Miriam Cahn, S. 5, Was mich an-schaut).